Telepathologie

Wie im privaten und geschäftlichen Bereich, so profitiert auch die Medizin in bestimmten Bereichen von den Möglichkeiten des Internets bzw. virtueller privater Netzwerke (VPN). Bild-, Text-, Binär- und Sprachinformationen können Dank der mittlerweile flächenhaft zur Verfügung stehenden breitbandigen Anschlüsse mit ADSL (z.B. T-DSL), aber auch durch Kanalbündelung von ISDN-Anschlüssen in Quasi-Echtzeit über weite Distanzen verschickt werden. Den elektronische Austausch von binären Informationen über große Distanzen bezeichnet man mit dem Kunstwort Telematik. Im Rahmen der Pathologie werden diese Möglichkeiten unter dem griffigen Begriff der Telepathologie zusammengefasst. Sie umfasst eine Reihe von Zielsetzungen, die mit unterschiedlichen Methoden umgesetzt werden.

Prinzipiell kann man unterscheiden, ob ein Fall zwischen 2 Pathologen im Rahmen eines fachlichen Konsils diskutiert wird oder ob die primäre Befundung eines Präparates durch den Pathologen nicht direkt am Mikroskop sondern am Computerbildschirm erfolgt. Mit diesem Verfahren können so im Wesentlichen Schnellschnitte in Krankenhäusern durchgeführt werden, die keinen Pathologen vor Ort haben. Obwohl die Schnellschnittdiagnostik mit Hilfe der Telepathologie bereits an einigen Orten auch in Deutschland durchgeführt wird, ist sie in nicht unerheblichem Maße umstritten. Dieses hat einerseits fachliche und methodische Gründe: Auch ein hochauflösendes Bild auf einen Computerbildschirm liefert nicht die Detailfülle und den Überblick wie ein Präparat, das man direkt unter dem Mikroskop betrachtet. Gerade in schwierigen Fällen kann dann der Informationsverlust eine definitive Diagnose verhindern. Viel entscheidender und mit juristischen und berufsständischen Einwänden zusammenhängend ist die Tatsache, dass der befundende Pathologe auch auf die persönliche makroskopische Untersuchung des Gewebes und auf die Auswahl der Probe verzichten muss. Im Rahmen des Tele-Schnellschnitts muss eine andere Person vor Ort die eigentliche Arbeit des Pathologen übernehmen, während diese deligierte Arbeit vom Pathologe am anderen Ende der Leitung nahezu ohne Korrekturmöglichkeiten verantwortet werden muss. Hierbei muss man sich vergegenwärtigen, dass ein Schnellschnitt nur dann sinnvoll und indiziert ist, wenn daraus unmittelbar therapeutische und in der Regel nicht mehr umkehrbare operative Konsequenzen folgen. Auch der Zuschnitt muss deshalb von einem einschlägig erfahrenen Arzt, also mindestens einem fortgeschrittenen Weiterbildungsassistenten im Fach Pathologie durchgeführt werden. Eine Delegation des Zuschnitts an nicht-ärztliches Personal verbietet sich vollkommen. Die gängige Praxis, dass der Operateur den Zuschnitt übernimmt, ist ebenfalls nicht juristisch einwandfrei zu lösen. Zum einen bleibt das Problem, dass der Pathologe als einziger Arzt die juristische Verantwortung für die Diagnose übernehmen muss, ohne dass er wirklich ausreichend auf die Qualität der Diagnostik vor Ort Einfluss nehmen kann. Zum anderen stellt diese Vorgehensweise nach gängiger Auffassung eine Verletzung der Fachgebietsgrenzen dar und ist somit aus standesrechtlichen Gründen nicht zulässig (auch wenn es sich hierbei um das inhaltlich schwächste Argument handelt, stellt es tatsächlich das formaljuristisch gewichtigste Argument dar). Bevor also die Tele-Schnellschnittdiagnostik eingesetzt werden kann, sind die Haftungsfragen, also insbesondere die Frage, wer kann/darf/muss den Zuschnitt machen, eindeutig zu klären.

Trotzdem lässt sich aber das Internet auch schon jetzt sinnvoll einsetzen. Es ist möglich, Fälle auch über eine große Distanz mit Kollegen oder Spezialisten live oder auch zeitlich versetzt zu diskutieren. Dieser Vorgang wird als Telekonsultation bezeichnet. Die Telekonsultation bietet sich insbesondere in Fachdisziplinen an, die mit Bildinformationen arbeiten, also insbesondere Radiologen und Pathologen. Sie wird sich im Wesentlichen auf schwierige, seltene und ungewöhnliche Fälle beschränken. Sofern für die Lösung eines Falls Spezialuntersuchungen nötig sind, die nicht vor Ort bereit gehalten werden, wird die Telekonsultation zumindest das weitere diagnostische Vorgehen bahnen, aber nicht beschleunigen oder verbessern. Trotzdem stellen die Möglichkeiten des elektronischen Bildversands eine Plattform dar, mit deren Hilfe eine zweite Meinung eingeholt werden kann und so unter Umständen eine Bestätigung, Verfeinerung oder auch Korrektur der Arbeitsdiagnose erfolgen kann. 

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Dr. A. Turzynski
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