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Weitere molekularpathologische Methoden

Es gibt weitere Methoden und neuere Ansätze, mit versucht wird aus dem Muster genetischer Schäden in einem Tumor genauere Informationen über die Histogenese oder die individuelle Prognose der betroffenen Patienten zu erhalten. Die zugrunde liegende Idee ist, dass ähnliche Tumoren ein ähnliches Muster an genetischen Schäden haben und dass das Vorhandensein oder die Abwesenheit bestimmter genetischer Schäden sich ungünstig oder günstig auf das biologische Verhalten des Tumors und damit auf die Prognose des Patienten auswirkt.

Eines der ersten Verfahren, die genetische Ausstattung von Tumoren im Vergleich zum Normalgewebe zu erfassen, ist die komparative genomische Hybridisierung (CGH). Mit der CGH wird unterschiedlich farblich markierte und kleinfragmentierte DNA aus einem Tumor (z.B. mit roter Fluoreszenzmarkierung) und aus normalem Gewebe (z.B. mit grüner Fluoreszenzmarkierung) gleichzeitig auf normale Chromosomen hybridisiert. Wenn im Tumor ein Chromosomenabschnitt in mehrfacher Kopienzahl vorliegt, also amplifiziert ist, wird der entsprechende Bereich nach der Hybridisation rot erscheinen. Wenn ein Chromosomenabschnitt im Tumor verloren gegangen ist, kann an den entsprechenden Chromosomenabschnitt nur noch die DNA aus dem Normalgewebe hybridisieren und der Abschnitt erscheint grün. Bei (mengenmäßig) unveränderten Chromosomenanteilen binden im Mittel gleich viele Fragmente aus der Tumor-DNA und der Normalgewebs-DNA und eine orange Mischfarbe ist auf diesem Chromosomenabschnitt zu beobachten.
In der Praxis werden zunächst normale Lymphozyten zur Zellteilung angeregt. Während der Zellteilung, wenn also die Chromosomen sichtbar sind, werden die Lymphozyten auf Objektträgern zum Platzen gebracht, so dass sich die einzelnen Chromosomen verteilen und in Form einer so genannten Metaphasenplatte am Objektträger gebunden sind. Eine Metaphasenplatte enthält die normale genomische Ausstattung einer normalen Zelle.
Die DNA wird aus einer Gewebsprobe des Tumors isoliert, und dann mithilfe einer enzymatischen Reaktion gleichzeitig in kleine Fragmente gespalten und mit einem Fluoreszenz-Farbstoff markiert. Die DNA aus Normalgewebe, das (genauso wie die Chromosomen oben) nicht unbedingt vom betroffenen Patienten stammen muss, wird entsprechend grün markiert.
Es werden dann gleiche Mengen von Tumor- und Normalgewebs-DNA in einer Hybridisierungslösung auf die Objektträger mit den Chromosomen gegeben und die drei DNA-Sorten (Tumor- und Normalgewebs-DNA sowie die DNA in den Chromosomen) durch Hitze denaturiert. Anschließend wird die Hybridisation durch Absenkung der Temperatur erlaubt.
Nach erfolgter Hybridisation werden die Fluoreszenzbilder für jeden Farbstoff einzeln aufgenommen. Eine einfache Gegenfärbung mit einem weiteren Farbstoff (DAPI) erleichtert dabei die Identifikation der einzelnen Chromosomen. Die Überlagerung der einzelnen Bilder erfolgt dabei elektronisch. Beispiele für die CGH und ein genaues Protokoll sind auf den Seiten der Arbeitsgruppe um Iver Petersen an der Charité zu sehen.

Weiterentwicklungen dieser Technik wurden auf dem Europäischen Pathologenkongress 2001 in Berlin vorgestellt, nämlich die so genannten Chip-Technologien. Ein “Chip” in diesem Zusammenhang bedeutet dabei nicht ein Mikroprozessor, sondern ein Glas-Objektträger, auf dem in mikroskopisch kleinen Punkten DNA einzelner definierter Gene aufgetragen und gebunden ist. Diese Punkte übernehmen eine ähnliche Funktion wie die Chromosomen in der CGH. Auf die Chips wird wie bei der CGH farblich markierte DNA aus Tumor und Normalgewebe hybridisiert, die Chips werden anschließend in einem Fluorometer, das die einzelnen Spots automatisch ausmisst, ausgewertet. Die Auflösung dieser Methode ist deutlich höher als bei der CGH: Es können einzelne Gene aufgelöst werden, während die CGH nur eine minimale Auflösung von 2 Megabasen hat, was mehreren benachbarten Genen entspricht. Prinzipiell ist es auch möglich, die Expression von Genen vergleichend auf der mRNA-Ebene zu untersuchen, allerdings ist die Wahl des Vergleichsgewebes hierbei ein besonderes Problem.
Diese Methode liefert eine Unmenge von Daten über die genetische Ausstattung eines Tumors, so dass die Auswertung nur mit einem Computer erfolgen kann. Da auch mehrere Gene in einem funktionellen Zusammenhang gleichzeitig erfasst werden können, sind prinzipiell genauere Vorhersagen über das Verhalten eines Tumors möglich. Während z.B. mit der Immunhistologie die Expression der Östrogenrezeptoren im Tumor nachgewiesen werden kann, ist es mit der Chip-Technologie möglich, auch die an die Östrogenrezeptoren funktionell gekoppelten Gene zu beschreiben. Vor kurzem wurde tatsächlich gezeigt, dass die Chip-Technologie geeignet ist, Non-Responder einer antihormonellen Therapie beim Mammakarzinom vorherzusagen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass in Zukunft ähnliche Ergebnisse auch in Bezug auf die Chemoresistenz, die Metastasierungswahrscheinlichkeit und andere Therapieoptionen zu erwarten sind. Der Clou dieser Technologie besteht in der notwendigen maschinellen Auswertung der mehreren Tausend Einzelergebnisse, die man erhält. Der Computer kann dabei mit Ansätzen der künstlichen Intelligenz und fuzzy logic lernen, ohne Kenntnis der Zusammenhänge der einzelnen Gene bestimmte Konstellationen funktionell zu charakterisieren, wenn er vorher mit genügend Daten gefüttert wurde.
Der Nachteil der Chip-Technologie sind die hohen Kosten für das relativ arbeitsintensive Verfahren, das zudem eine teure Grundausstattung und exzessiv teure Verbrauchsmaterialen erfordert. Diese hohen Kosten werden durch die derzeitigen Ergebnisse noch nicht gerechtfertigt, allerdings ist hier wie immer bei neuen Technologien eine Annäherung von Wert und Preis zu erwarten.