Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

Man muss es sich immer wieder vergegenwärtigen: vor nicht einmal 50 Jahren hatte niemand auf der Welt - nicht einmal die Mediziner oder Biologen in den modernsten Laboratorien - auch nur eine blasse Ahnung davon, wie die molekularen Grundlagen der Vererbung, der Speicherung, Umsetzung und Vervielfältigung von biologischen Informationen funktionieren. Und selbst als der erste Mensch seinen Fuß auf den Mond gesetzt hatte, war es noch nicht einmal möglich die einzelnen Chromosomen sicher auseinander zu halten. Fast alles, was wir heute wissen, wurde in den letzten 25 Jahren erarbeitet, den letzten großen Meilenstein markierte die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms durch das Human Genome Project und Craig Venter in 2000. Die molekularbiologische Technik, die wohl am stärksten die Dynamik der molekularbiologischen Entdeckungen beschleunigt hat, ist die Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR). Sie wurde 1986/7 von K. B. Mullis veröffentlicht.
 

Mit der PCR kann man beliebige Abschnitte des Genoms in ganz definierter Länge und mit hoher Spezifität verstärken, amplifizieren. Die Technik vereinigt wie keine andere Universalität, Spezifität und Eleganz. Es gibt eine Reihe von Verfeinerungen der PCR, mit denen die Sequenzierung der DNA, die Amplifikation von RNA, aber auch sehr viel komplexere Fragestellungen (z. B. differenzielle Genexpression) bearbeitet werden können.

Der Clou der Technik besteht aus der Kombination verschiedener Reaktionen in einem Reaktionsgefäß (dem PCR-Tube). Die Reaktionen werden zyklisch durchlaufen und innerhalb eines Zyklus bestimmt die Temperatur des Reaktionsansatzes, welche Einzelreaktion gerade abläuft. Da die Temperatur im Ansatz zu Beginn eines jeden Zyklus auf 95°C steigt, muss das Enzym, das den dritten Einzelschritt katalysiert, extrem thermostabil sein. Die verwendeten DNA-Polymerasen stammen aus Bakterien, die in heißen Quellen leben (wie zum Beispiel ein Bakterium namens Thermus aquaticus).

Die oben stehende Animation verdeutlicht den Ablauf der PCR. Ausgangsmaterial hierfür ist im einfachsten Falle doppelsträngige DNA. Auf Grund seiner chemischen Struktur hat jeder Einzelstrang eine Richtung. Die Richtungen der Einzelstränge verlaufen im Doppelstrang gegeneinander, das heißt, der obere Strang verläuft in 5’- nach 3’-Richtung von links nach rechts, während die 5’- nach 3’-Richtung des unteren Stranges von rechts nach links läuft.

Thermocycler2Im ersten Schritt wird der Reaktionsansatz auf 95 °C erhitzt. Dabei wird der Doppelstrang in seine beiden Einzelstränge getrennt. Dieser Schritt entspricht der Denaturierung. Beide Einzelstränge fungieren in den beiden folgenden Schritten als Matritze und werden durch einen Gegenstrang wieder komplettiert.

Im nächsten Reaktionsschritt wird die Temperatur auf ca. 45 bis 60 °C abgesenkt. Dadurch können sich die Primer an die jeweils passende Stelle in den Einzelsträngen anheften (das so genannte Annealing). Primer sind kurze einsträngige DNA-Moleküle mit einer Länge von ca. 20 Basen, die synthetisch hergestellt werden und einfach gekauft werden können. Für die PCR werden zwei Primer benötigt. Die Primer bestimmen den Anfang und das Ende des amplifizierten DNA-Abschnittes. Durch die Sequenz der Primer wird festgelegt, welcher Genabschnitt amplifiziert wird. Durch die Bindung des Primer an den Einzelstrang entsteht am 5’-Ende ein doppelsträngiger Abschnitt. Die Taq-Polymerase erkennt diesen doppelsträngigen Abschnitt und bindet daran. Damit beginnt die Synthese des Zweitstranges.

Die so genannte Extension findet bei 72°C, dem Temperaturoptimum der Taq-Polymerase statt. Nach und nach werden in 5’-nach-3’-Richtung die passenden Nukleotide als Bausteine an den Strang geknüpft, so dass am Ende zwei komplette Doppelstränge vorliegen und die genetische Information dieses Abschnittes verdoppelt wird. Beide Doppelstränge fungieren im nächsten Zyklus als Matritzen, so dass dann schon 4 Doppelstränge entstehen. Es resultiert eine exponentielle Amplifikation.

Bei der PCR werden diese Schritte in der Regel zwischen 25 bis 35 Mal durchlaufen, so dass ein einzelner DNA-Strang theoretisch 225-fach bis 235-fach verstärkt wird. Alle Amplifikate haben die gleiche Länge und können mit Hilfe einer Elektrophorese nachgewiesen werden.

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Dr. A. Turzynski
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